Sind wir noch Menschen oder nur tanzende Marionetten? – Die Theatergruppen des Viechtacher Gymnasium gingen am Freitagabend in einer beeindruckenden Aufführung dieser Frage nach und gaben Einblick in die „Schöne smarte Welt“.
Angelehnt an den Roman „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley (1932) und an Robert Koalls gleichnamige Theaterfassung (2014) hatte Bettina Wensauer mit den 13 Schülerinnen und Schülern ihrer Mittel- und Oberstufentheatergruppe in diesem Schuljahr eine sehr reizvolle Neuinterpretation erarbeitet. Diese trägt der zunehmenden Digitalisierung, die zahlreiche „Erleichterungen“ für unser Leben verspricht, aber ebenso eine Unterwerfung unter „Big Data“ bedeutet, Rechnung:
Es sind die leuchtenden „Smartbänder“, die sich die Menschen in dieser zukünftigen Welt zu Beginn des Stücks freiwillig anlegen und mit denen sie auf das gesamte Weltwissen zugreifen können – und über die der Weltcontroller (Daniel Hofer, 11 c), bei dem alle Fäden zusammenlaufen, auch alles Wissen über sie gewinnt. Reproduktionsmedizin, Konditionierung, Kollektivität und die Droge Soma garantieren zudem die Stabilität dieser Gesellschaft, über die John via Video-Schaltung (Florian Kraus als Erzähler, 8 b) dem Publikum berichtet. Jeder ist immer glücklich – tatsächlich?
Lenina Crown (Maxima Scheweck, 9 a) und Bernard Marx (Angelina Häusler, 9 a) verlassen diese Welt, um einen Ausflug in die äußere Zone zu machen, und entdecken dort Linda (Stefanie Probst, 9 b) und John (Anna Maria Pawelek, 8 b), die als „Wilde“ leben. Leninas Entsetzen über den natürlichen Alterungsprozess der Menschen, die Existenz von Liebe und darüber, dass Dinge auch repariert werden können, ist groß. Und sie reagiert mit völligem Unverständnis, als Bernard die Frage stellt: „Aber wärst du nicht gerne auf DEINE eigene Art glücklich und nicht auf die Art, nach der ALLE glücklich zu sein haben?“ Gewarnt von Helmholtz (Emma Winklbauer, 9 a), aus wissenschaftlichem Interesse sowie um seinen eigenen Vorteil daraus zu erlangen, dass John Lindas und Henry Fosters (Juliane Hofer, 10 c) Kind ist, reisen alle vier zurück in die schöne smarte Welt, in der Linda wegen des Konsums von Soma schließlich stirbt, John Lenina seine Liebe (mit Hilfe eines Berglöwen) bekennt und gegen den Controller aufbegehrt, um für die Menschen, das Recht unglücklich zu sein zu fordern – verbunden mit Freiheit, Individualität und Liebe.
Eine bemerkenswerte Wirkung erhielt die Aufführung durch die musikalische Untermalung mit verschiedenen Kompositionen aus der aktuellen Inszenierung „Schöne neue Welt“ des Volkstheaters München, dem dafür ein besonders herzlicher Dank gilt.
Auch die Theater-AG der Unterstufe unterstützte mit ihren Leiterinnen Corinna Schürzinger und Carolin Wenisch die Inszenierung in wichtigen Szenen, z. B. als Laufband in der Brut- und Normenzentrale oder in eindrucksvoll emotionalen Standbildern zum Song „Human“ von The Killers, die das Stück umrahmten und Antwort auf die eingangs gestellte Frage gaben: Unsere Leidenschaften und Gefühle machen uns zu Menschen – wir wollen keine tanzenden Marionetten sein. Und das haben die Schauspieler an diesem Abend mit viel Spielfreude nur allzu gelungen bewiesen.
von Corinna Schürzinger