„Ohne Smartphone geht’s mir eigentlich ganz gut.“ – Medienverzichtsprojekt 2018
Ergebnisse der aktuellen JIM-Studie 2017 (Jugend, Information, Media), einer Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland, zeigen, dass Jugendliche in Deutschland wochentags im Durchschnitt 221 Minuten täglich (also mehr als 3,5 Stunden) das Internet nutzen. Während 2014 „nur“ 88 Prozent der befragten Jugendlichen angaben, ein eigenes Smartphone zu besitzen, sind es heute schon 97 Prozent. Mädchen nutzen das Smartphone am häufigsten für Kommunikation, bei Jungen stehen v. a. auch Online-Spiele hoch im Kurs und am meisten werden von beiden Geschlechtern die Plattform Youtube und oder die App WhatsApp genutzt.
Im das diesjährige Medienverzichtsprojekt der Sechstklässler am Dominicus-von-Linprun-Gymnasium begleitenden Religionsunterricht zeigte sich deutlich: Diese Ergebnisse entsprechen der Wirklichkeit der Schüler hier an der Schule. Das Smartphone wird täglich genutzt und ist ständiger Begleiter im Alltag – kaum vorstellbar, ohne das Gerät auszukommen.
Doch viele Jugendliche ließen sich auch in diesem Schuljahr wieder auf das angebotene Medienverzichtsprojekt ein und zeigten damit, dass sie gemeinsam etwas Besonderes schaffen können. Vom 1. bis 23. März 2018 gaben die meisten Sechstklässler freiwillig ihr Smartphone ab, das für mehrere Wochen sicher in einer Kiste verwahrt wurde.
„Gerade am Anfang war es nicht einfach.“ „Wenn man Freunde treffen oder sich über Hausaufgaben informieren will, dann muss man jetzt andere Möglichkeiten zur Absprache finden.“ „Wir haben viel mehr Zeit draußen verbracht.“ „Am besten hat es mir gefallen, dass wir gemeinsam als Klasse etwas unternommen haben: Wir waren am Wochenende zusammen im Elypso zum Schwimmen. Überhaupt unternehme ich jetzt mehr mit Freunden und Familie.“ „Ich glaube, mit den Hausaufgaben bin ich auch schneller.“
Letzteres untermauern ebenfalls neueste Studienergebnisse: Prof. Adrian Ward (McCombs School of Business an der University of Texas Austin) stellte im Sommer 2017 fest: Allein die physische Anwesenheit eines (ausgeschalteten!) Smartphones reduziert die geistige Leistungsfähigkeit von Testpersonen und je näher das Gerät bei der betreffenden Person liegt, desto negativer wird der Einfluss.
„Mir geht’s eigentlich ganz gut ohne Handy“, stellten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 6 d fest und gingen nach den Pfingstferien vom 18.4. bis 16.5. für vier Wochen in die Verlängerung. Sogar mehr Jugendliche als beim ersten Mal – also fast alle – machten aus dieser Klasse mit und setzten sich als Ziel: Wenn wir den Verzicht gemeinsam durchstehen, gehen wir alle zusammen zelten. Als sie schließlich ihre Smartphones zurückerhielten, rief eine Schülerin aus: „Ich habe 600 Nachrichten in dieser Gruppe und ich kenne die Gruppe nicht einmal.“ Ein anderer stellte fest: „Mein Guthaben ist aufgebraucht, da kann ich jetzt erst mal gar nichts machen.“ Und ein Dritter gab an: „Heute Nachmittag wird erst einmal nur am Handy gespielt.“
Wie wir verantwortungsbewusst mit unserer Lebenszeit, unseren Mitmenschen und den neuen Medien umgehen können – das ist ein entscheidender Erkenntnisprozess, den wir ein Leben lang und am besten gemeinsam mit anderen vollziehen. Dieses Unterrichtsprojekt kann einen Anstoß dazu liefern.
Text: Corinna Schürzinger