Unsere Daten sind das Gold der Zukunft und schon heute verdienen weltweite Konzerne viel Geld mit dem, was wir ihnen täglich an Informationen zur Verfügung stellen – in den meisten Fällen unbewusst. Wie die Zusammenhänge funktionieren, veranschaulichte Datenschutzexpertin Regina Stoiber in ihrem Impulsvortrag zur Eröffnung des Elternabends „Medienerziehung“ am Dominicus-von-Linprun-Gymnasium anschaulich. Beim Surfen im Netz, der Benutzung von Apps am Smartphone und beim Fernsehen via Internet produzieren wir Informationen, die in erster Linie für Marketingzwecke verwertet werden. So werden unter anderem individuelle Filmempfehlungen und personalisierte Werbung möglich. Zentral sei, dass man sich bewusst macht, wie wir im Netz beeinflusst werden, so z.B. durch Mechanismen wie „social proof“, d.h. Produktbewertungen etwa durch Sterne. Auch Aktionen, die man unter dem Begriff „Verknappung“ zusammenfassen kann, z.B. der Hinweis, dass eine Aktion in wenigen Stunden endet oder dass nur noch ein Stück verfügbar ist, setzen den potentiellen Kunden unter Druck.

Ein anderer Aspekt ist die ständige Präsenz digitaler Medien, die uns häufig davon abhalten, voll fokussiert an einer Sache zu arbeiten – zu verlockend ist beispielsweise der schnelle Blick aufs Smartphone, wenn eine neue Nachricht eingegangen ist. Gerade für Schülerinnen und Schüler sei es daher von großer Bedeutung, eine geeignete Lernatmosphäre ohne solche Ablenkung zu schaffen.

Schulleiter Martin Friedl kam nach dem anregenden Vortrag zu dem Resümee, dass sich hier im doppelten Sinn das geflügelte Wort „Wissen ist Macht“ bewahrheitet. Wenn Konzerne aus ihrem gesammelten Wissen über uns Gewinne generieren, dann müssen wir als „user“ mit Wissen darüber kontern, wie wir verantwortungsbewusst mit unseren Daten umgehen, und unsere Kinder zu einem reflektierten Umgang mit den intelligenten Geräten erziehen.

Um diesem Ziel näher zu kommen, hatten sich am Donnerstagabend rund 40 interessierte Eltern zusammengefunden, um sich mit Experten und untereinander auszutauschen. An insgesamt sieben Tischen fand man sich zu zwei zwanzigminütigen Gesprächsrunden zusammen und es wurde eifrig diskutiert.

Johanna Sauter, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche, erklärte unter anderem, welche Mechanismen im Gehirn ablaufen, die zu einer Sucht führen. So sei die Struktur der meisten Computerspiele so ausgelegt, die Spieler zu einem „immer weiter“ zu verführen. Der Stoff Dopamin motivierte schon in der Steinzeit die Sammler dazu „die nächste rote Beere“ zu finden – heute spornt er an, das nächste Level zu bewältigen, einen „Like“ auf Facebook oder eine „Flamme“ bei Snapchat zu erhalten. Ein klassischer Favorit unter den Schülern ab der fünften Jahrgangsstufe ist etwa das Spiel Fortnite, erklärte auch Sozialpädagogin Silke Schütz an einem anderen Tisch. Dadurch, dass das Spiel unendlich weiter geht, finden die Jugendlichen häufig keinen Abschluss. Es ist ganz klar Aufgabe der Eltern, Grenzen zu setzen und diese auch konsequent durchzusetzen, war der Tenor an mehreren Tischen, wenn es um Nutzungsdauer von Internet oder Handy geht. Dies betonten auch Sonja Sterl und Matthias Weiderer von der Erziehungsberatung Regen, denn für die Jugendlichen ist es sehr schwer, den Verlockungen zu widerstehen. Als gute Strategie empfahlen sie in jedem Fall altersgemäße Zeitbeschränkungen, die in der Familie individuell miteinander ausgehandelt werden und immer wieder neu diskutiert werden müssen. Auch Absprachen mit anderen Eltern, etwa der Klassenkameraden, können sehr hilfreich sein.

Mit der Einforderung von Regeln tut man den Kindern und Jugendlichen letztlich einen Gefallen, auch wenn es dabei zu Auseinandersetzungen kommt. Zumindest zum Teil kann man sich dabei auf rechtliche Vorgaben wie etwa ein Mindestalter berufen, zeigte Karin Simmet auf. Zwar sei das Bewusstsein über den vorsichtigen Umgang mit Bild- oder Videomaterial inzwischen bei vielen jungen „usern“ gewachsen, Fälle von Cyber-Mobbing, etwa in WhatsApp Gruppen, landen aber ebenso wie Betrugsfälle regelmäßig bei der Viechtacher Polizei. Simmet empfahl den Eltern bei derartigen Vorfällen rasch den Kontakt mit der Polizei zu suchen.

Mit der Frage „Was macht ihr Kind?“ konfrontierte Schulpsychologin Veronika Lippl die Eltern. „Youtube ist auf alle Fälle der Spitzenreiter“, waren sich die Eltern einig, aber auch darin, dass die tatsächlich konsumierten Inhalte schwer nachvollziehbar seien. „Surfen Sie einmal mit ihrem Kind gemeinsam, lassen Sie sich zeigen, wofür es sich interessiert, und sprechen dann gemeinsam darüber“, war ihr Tipp. Auch Matthias Wagner von der Psychosozialen Beratung Regen bestärkte die Eltern darin, dass die persönliche Kommunikation und emotionale Bindung innerhalb der Familie unersetzliche Basis für eine gesunde Entwicklung sind.

An vielen Tischen ist klar geworden, dass es schwierig ist, eine Balance zu finden zwischen dem konsequenten Setzen von Grenzen einerseits und einer Erziehung zum selbstverantwortlichen Umgang mit den intelligenten Geräten andererseits. Diesen Prozess begleitet die Schule in Zusammenarbeit mit dem Elternhaus über alle Jahrgangsstufen hinweg, wie Stephanie Wechsler und Frithjof Hecht darstellten. Verwiesen wurde auch auf die Internetseiten „Schau hin“ und „Clicksafe“, auf denen zahlreiche hilfreiche Informationen und Tipps zusammengestellt sind.

Im Namen des Elternbeirates bedankte sich die federführende Organisatorin Silke Schmelmer bei den Referenten und den Gästen, die das Konzept eines interaktiven Elternabends so gewinnbringend gestaltet bzw. genutzt haben.