Weniger Unterricht in der Unterstufe des Gymnasiums – Projekte ersetzen Stunden in Geschichte, Sport und Religion

Von Daniela Albrecht

Viechtach. Hellsehen kann Wolfgang Sangl, Schulleiter des Dominicus-von-Linprun-Gymnasiums, zwar nicht, aber vorauschschauend arbeiten. Denn an seiner Schule ist jetzt schon Realität, was von der Politik für die Zukunft versprochen wird.

Stolz hatte Kultusminister Siegried Schneider vergangene Woche angekündigt, dass das G8 Reformiert werden soll, Lehrpläne entrümpelt werden und die Zahl der Unterrichtsstunden reduziert wird, damit die Schüler in der Unterstufe entlastet werden. Über diese Pläne kann Wolfgang Sangl, Schulleiter am Gymnasium Viechtach nur lächeln. ?Wir haben schon jetzt in die Tat umgesetzt, woran das Kultusministerium noch feilt?, erklärt Sangl.

Den Schülern in der Unterstufe Unterrichtsstunden zu nehmen, ohne dem Staat Stunden zu schenken- das war das Ziel für Sangl. Seine Lösung: Außerplanmäßige Projekte. Das Viechtacher Modell sieht vor, in den Jahrgangsstufen fünf bis sieben eine Unterrichtsstunde beispielsweise in Religion, Geschichte oder Sport durch außerplanmäßige Projekte zu ersetzen.

Im Fach Sport etwa werden einzelne Stunden zu sogenannten Sporttagen gebündelt. Besonders für die Fünftklässler sind solche Sporttage sinnvoll, findet der Schulleiter. Zu Beginn des Schuljahres etwa fand ein Spieletag in der Turnhalle statt. Dabei hatten die Mädchen und Buben nicht nur die Gelegenheit, sich den ganzen Tag über zu bewegen, sondern lernten sich auch besser kennen.

Etwas anders läuft am Gymnasium Viechtach auch der Natur-&-Technik-Unterricht ab. Die Physik- und Chemiestunde findet dabei parallel statt. Damit jeder Schüler genügend Zeit und Platz hat, um experimentieren und seine Ehrfahrungen zu sammeln, werden die Klassen in dieser Stunde geteilt. In einer Woche hat der eine Teil der Klasse Physik-, der andere Teil Chemieunterricht. Die Woche darauf ist es umgekehrt.

Auch in der siebten Klasse greifen in Viechtach schon die geplanten Reformen. Laut Lehrplan hätten die Schüler zwei Stunden Geschichte pro Woche, in Viechtach aber nur eine Stunde. Dafür finden mehrmals im Schuljahr Projekttage statt. ?Die 7. Klasse eignet sich dafür besonders gut, weil der Lehrplan vom frühen Mittelalter bis zum Absolutismus reicht und man da besonders gut Themen herausnehmen kann, die man in einem Projekt vertiefter behandelt?, erklärt Geschichtslehrer Christoph Heiduk hat er das Konzept für die Geschichtsprojekttage entwickelt. Bereits in der sechsten Klasse werden die Kinder auf die andere Art, unterrichtet zu werden, vorbereitet. ?Bei einem Archäologietag lernen die Schüler teamorientiert zu arbeiten, eine Fähigkeit, die sie in der siebten Klasse für die Projekte brauchen?, betont der Geschichtslehrer. Denn anders als im normalen Unterricht, der überwiegend vom Lehrer gehalten wird, sind bei den Projekten die Schüler gefragt. Auf dem Programm stehen dann Partner- und Gruppenarbeit.

In jeder Themeneinheit gilt es, Pflichtaufgaben zu erfüllen, so dass der im Lehrplan festgelegte Stoff auch tatsächlich erlernt wurde. ?Daneben gibt es die Kür. Die Schüler dürfen Theater spielen oder nach mittelalterlichen Rezepten kochen und vertiefen so ihr Wissen über das Mittelalter?, erzählt Roland Wensauer.

Beim jüngsten Projekttag am Montag war das Zeitalter der Erfindungen und Entdeckungen Thema. In Kleingruppen durchliefen die Mädchen und Buben einen Lernzirkel aus fünf Stationen. Gemeinsam erarbeiteten sie, wie Amerika entdeckt wurde und was die Erfindung des Buchdrucks für die Menschen bedeutet, bekamen an jeder Station eine Materialmappe an die Hand, in der sie die Infos zu den einzelnen Themen fanden.

?Auf kreative Art, etwa indem sie einen Brief Vasco da Gamas verfassen, in dem er von seiner Entdeckung des Seewegs nach Indien schreibt, erarbeiten sich die Schüler historische Fakten und Zusammenhänge und schreiben sie in ihr Heft?, erklärt Roland Wensauer. So mache den Mädchen und Buben der Stoff mehr Spaß. Dafür nehmen es die beiden Lehrer, Wensauer und Heiduk, auch in Kauf, dass sie mehr Arbeit haben und es mehr Aufwand ist, die Themen für die Schüler aufzubereiten.

Ziel sei es, den Schülern den Stoff so zu Vermitteln, dass sie ihn verstehen und sich merken und dabei aber nicht überfordert werden. ?Und auch und Lehrern macht es Spaß, mal andere Methoden des Unterrichts auszuprobieren und den Schülern die Möglichkeit zu geben, Geschichte mal ganz anders kennen zu lernen.? Als krönender Abschluss des Geschichtsprojekts steht im Juli eine dreitägige Fahrt ins ?barocke Würzburg? auf dem Programm. Neben einem Besuch der Residenz ist eine Stadtrallaye geplant, bei der Mädchen und Buben einen Mordfall aufklären werden. ?Ins Leben dieser Zeit schnuppern wir dann bei einem Hoffest hinein. Dafür werden die Schüler in barocke Kleider gewandet und geschminkt.