Bestimmt erinnet ihr euch noch gut an den Moment, als die Schulschließungen verkündet wurden – genau wie an die vielen Wochen, in denen ihr daheim unterrichtet worden sind. Hier bekommt ihr Einblicke in eines der vielen kreativen Projekte, die während der Zeit im „Unterricht zuhause“ entstanden sind: Das Lesetagebuch der 5c
Aus dem Tagebuch einer Deutschlehrerin am Dominicus-von-Linprun Gymnasium:
Freitag, der 13. März 2020:
Mit einem dicken Kloß im Hals betrete ich heute das Klassenzimmer meiner 5c. Aus Vermutungen und Sorgen war Gewissheit geworden: Der Sars-Erreger Covid-19 hatte sich so rasch ausgebreitet, dass eine Schulschließung unumgänglich geworden war. Was ich an diesem Tag (zum Glück) noch nicht weiß: Es sollte der letzte Schultag in diesem Schuljahr sein, an dem ich mit der gesamten Klasse gemeinsam im Klassenzimmer sein sollte. Es sind viele Schülerfragen, die auf mich einstürzen: Was wird in den nächsten Wochen auf uns zu kommen? Wie werden wir die drei Wochen bis zu den Osterferien gestalten?
Ich stelle meinen Schülern Rechtschreibaufgaben aus dem Schulbuch vor, die sie zur vertiefenden Übung machen sollten, und darüber hinaus ein Projekt, das etwas ganz Besonderes werden sollte: unser Lesetagebuch. Die Aufgabe ist schnell erklärt: Wir nehmen uns vor, mindestens fünf Bücher (Krimis, Pferdegeschichten, Sagenbücher, Fantasy, Sachbücher…) zu lesen, Lesezeiten zu protokollieren und pro Werk zwei bis drei Aufgaben dazu zu lösen. Es sind viele Ideen, die wir gemeinsam entwickeln und mit jedem Einfall steigt die Begeisterung: eine Rezension, eine Geschichte umschreiben, Steckbriefe zu den Hauptfiguren, Rätsel, eine Lesekiste… die Kreativität scheint grenzenlos. Wir machen uns auf den Weg in die Schülerlesebücherei und die Kinder aus dem Bibliotheksteam übernehmen die Ausleihe an die Klassenkameraden. Einzige Herausforderung: Die Schultaschen platzen fast, so prall sind sie mit Büchern gefüllt.
Projektzeitraum, 16. März bis 3. April:
Besonders freue ich mich in dieser Zeit, wenn ich mein E-Mail-Postfach öffne und erste Bilder von Projektergebnissen aus der Klasse erhalte. Ich bin begeistert! Wir tauschen Grüße aus und klären Fragen. Jede Nachricht beschließe ich mit den Worten „… und bleibt gesund!“
Projektpräsentation, 22. bis 27. Mai:
Endlich wieder zurück an der Schule! Das breite Grinsen verschwindet kurzfristig unter dem Mundschutz, wenn die Schüler vor die Klasse treten, um stolz ihre Projektergebnisse vorzustellen. Mein Herz klopft vor Freude, als eine Schülerin erzählt, dass sie so viel Spaß am Lesetagebuch hatte, dass sie jeden Nachmittag mehrere Stunden daran gearbeitet hat. Und das sieht man auch an den Ergebnissen, die Ausdruck waren von schier unermesslicher Kreativität und die ich an dieser Stelle leider nicht alle benennen und zeigen kann: eine wunderschöne Collage zu „Der kleine Hobbit“ von J. R. R. Tolkien, ein nachgebautes Modell des Arbers zu einem Sagenbuch (inklusive Hexe), selbstgestaltete Titelblätter und Lesezeichen, Autorenbiografien, spannende Rätsel und tolle Verfilmungen, Fotostorys zu den Harry Potter-Bänden oder zu den Büchern hergestellte Spiele, gezeichnete Comics, aus Playmobil gebaute Szenenbilder usw. bis hin zum selbstgeschriebenen Märchen „Der gesneakerte Kater“ oder der Vorführung erworbener Bauchrednerkünste.
Corinna Schürzinger